Filmmakeup ist die Interessensvertretung der Film-Maskenbildner*innen in Österreich. In dieser Rolle möchten wir zur aktuellen Situation folgendes Statement abgeben:
„Bei der Gala zum Verleih des Österreichischen Filmpreises 2023 letzten Donnerstag am 15.6. hat die Regisseurin Marie Kreutzer stellvertretend für die Schauspielerin Vicky Krieps den Preis für die beste weibliche Hauptrolle entgegen genommen. Marie Kreutzer hielt eine kritische Rede über die Allgegenwart von sexuellen Übergriffen, Gewalt und Machtmissbrauch, in unserer Gesellschaft und in der Filmbranche und über den medialen, gesamtgesellschaftlichen und brancheninternen Umgang damit.
Von den drei anonym genannten konkreten Vorkommnissen bezieht sie sich auf eine Maskenbildnerin: „Wir haben von einem Schauspieler gehört der masturbiert, während er von der Maskenbildnerin geschminkt wird“.
Wir müssen hiermit leider bestätigen, dass solche und ähnliche Situationen tatsächlich vorkommen. Dass die meisten Kolleg*innen darüber schweigen, hat gute Gründe und ist als Selbstschutz oft notwendig.
Unser Blick richtet sich deshalb auf herrschende Strukturen und Arbeitsbedingungen, die Machtmissbrauch jeder Form fördern: Das betrifft prekäre Anstellungsverhältnisse, steile Hierarchien und Abhängigkeiten, fehlende Ansprechpersonen, nicht wahrgenommene Fürsorgepflicht und kaum vorhandene Kontrollen bestehender gesetzlicher Vorgaben.
Es ist völlig inakzeptabel, dass einzelne Menschen eine derartige Macht haben, die sie glauben lässt, sie können solche Taten begehen, die Würde und Psyche anderer Menschen verletzen, und keine Konsequenzen daraus erfahren.
Wir sprechen allen betroffenen Kolleg*innen unsere volle Solidarität aus und möchten jede mögliche Unterstützung anbieten. Egal, wie eine betroffene Person sich entscheidet, es ist immer ihre Entscheidung und als solche zu akzeptieren.
Reden tut jedenfalls gut! Nur wenn wir als Betroffene Vorfälle ansprechen können, ohne selbst Konsequenzen fürchten zu müssen, ist Änderung möglich.
An oberster Stelle steht für uns der Schutz der Betroffenen, der bedachtsame Umgang mit Informationen und weiteren Vorgehensweisen.
Der Vorstand, viele Kolleg*innen von Filmmakeup und die Beratungsstelle #we_do stehen für vertrauliche und behutsame Gespräche zur Verfügung.
Für Strukturveränderungen sind die entsprechenden Verantwortlichen zuständig.“
Wien, am 20.6.2023